Baum und Krone nach Restauration wieder vereint
- Audrey-Lynn Struck
- 9. März 2022
- 3 Min. Lesezeit

CELLE. Der Künstler persönlich hat heute sein Werk „Baum-Krone / Baum-Säge“ mit fachkundiger
Unterstützung des Grünflächenamtes wieder im Baum über dem Schlossgraben platziert. Die „Baum-Krone“ besteht aus Edelstahl, ist 3,40 m lang und hat 27 Zähne und 28 Kerben.
Die Celler „Krone“ ist eines von fünf Exemplaren des Kunstwerks von Timm Ulrich. Dieses Exemplar hing lange Zeit im Garten vom Direktor des Kunstmuseums Celle, Robert Simon (Die anderen vier Exemplare befinden sich in Nürnberg). Bei der ersten Hängung in Celle 2006 war das Kunstwerk noch in Privatbesitz von Robert Simon, inzwischen hat er es überführt in den Bestand der Robert Simon
Kunststiftung.
In den folgenden rund zehn Jahren wurde die „Krone“ als augenzwinkerndes Bindeglied zwischen Geschichte und Gegenwart zu einem Publikums-Liebling, an dem viele Stadtführungen Halt machten.
Sie wurde schmerzlich vermisst, als sie 2017 abgehängt werden musste, weil Baumpflegearbeiten erforderlich waren. Dies war ein Anlass, auch der „Krone“ selbst restauratorische Pflege zukommen zu
lassen. Jetzt ist sie gereinigt und frisch poliert, so dass sie wieder richtig schön golden glänzt.
Zur Kunst Timm Ulrichs schreibt das Kunstmuseum:
Timm Ulrichs künstlerische Spezialität ist das Wörtlichnehmen von Begriffen, Handlungen und kulturellen Konventionen. Sprachliche Formulierungen, Sinnbilder und Metaphern, aber auch symbolhafte Praktiken aus Kunstwelt und Alltagsleben, verdreht er zurück zu ihrer buchstäblichen Bedeutung und – in bester Dadaistenmanier – meist noch eine Windung weiter ins Absurde. Auch wenn seine Werke beim ersten Blick oft ein Schmunzeln oder Entrüstung provozieren, ist Ulrichs Hauptanliegen nicht der Gag oder die Provokation an sich. Ihm geht es vielmehr um die gründliche Erschütterung unreflektierter Gewohnheiten und Rituale des Sehens, Sprechens und Denkens.
Seit 1959, als er in Hannover seine „Werbezentrale für Totalkunst, Banalismus & Extemporismus“ gründete, arbeitet er mit Witz und Widerspruchsgeist an der konsequenten Umsetzung einer absoluten Verschmelzung von Kunst und Leben. Ansatz- und Kulminationspunkt zugleich ist dabei häufig er selbst: In seinem Ich, seinem Körper, seiner Rolle auf dem Kunstmarkt und in der Kunstgeschichte erhält für ihn das kulturelle Konstrukt „Kunst“ konkrete Gestalt. 1961 entwirft er das Projekt einer Selbstausstellung als „erstes lebendes Kunstwerk“, eines der frühesten Beispiele für Konzeptkunst. Diesen damals Tabu brechenden Gedanken greift er in den Folgejahren immer wieder auf und lotet ihn mit geradezu gnadenloser Konsequenz bis in seine feinsten Fassetten aus.
Ebenso breit wie sein Themenspektrum ist die Palette der künstlerischen Techniken und Medien, die er für die Umsetzung und Vermittlung seiner Ideen einsetzt: Er konzipiert und produziert Arbeiten auf Papier und Haut; Texte, Skulpturen, Objekte, Installationen, Ereignisse und Skandale; Unikate ebenso wie Multiples. Neben vielen anderen künstlerischen Kategorien von der Ich-Kunst bis hin zur Placebo Art entwickelt er in den 60er Jahren die so genannte „Lumineszenz-Kunst“ mit fluoreszierenden Leuchtsubstanzen. Unter anderem eingesetzt als Basis „integraler Totalkunst-Landschaften“ verweist dieses bis dahin in der Kunst unübliche Material auf das zentrale Prinzip von Ulrichs künstlerischem Schaffen: „Kunst ist Leben, Leben ist Kunst“.
Kraft seiner in Objekten und Aktionen materialisierten Ideen zielt er auf die Überwindung des zeitlich, örtlich und kulturell begrenzten Raums von Museum und Galerie. Die traditionsgemäß überzeitliche – „ewige“ – Gültigkeit der Kunst interpretiert er um in ein „immer da“. Ulrichs Kunst will nicht nur überall sein, sondern das auch noch rund um die Uhr. Nach der großen Jubiläumsausstellung Die Krönung. 80 Jahre Totalkunst lädt nun das Timm Ulrichs Kabinett mit einer kompakten Auswahl doppelsinniger Denkobjekte dauerhaft zu humorvollen Seitenblicken ein.
Timm Ulrichs
geboren 1940 in Berlin
Architekturstudium in Hannover, als Künstler Autodidakt
1969 – 1970 Gastprofessur HBK Braunschweig
1972 Professur Kunstakademie Münster
verschiedene Preise und Auszeichnungen, darunter der Niedersächsische Staatspreis 2001
lebt und arbeitet in Hannover, Münster und Berlin