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Anke Schlicht

„Celle hat kläglich versagt“ – Haesler-Siedlung nach Hannover verkauft


Blumläger Feld Nord Fotos: Peter Müller

CELLE. Es ist kein spöttischer Unterton, eher ein kopfschüttelnder, den der Autor eines einseitigen Artikels über den Verkauf der von Otto Haesler errichteten Siedlung Blumläger Feld Nord in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) gewählt hat. Adressat sind nicht die vier neuen Eigentümer aus Hannover, die sich zur „Blumläger Feld Celle GmbH“ zusammengeschlossen haben, um die prominente Häuserzeile mit 50 Wohnungen und angegliederten Gärten denkmalgerecht zu sanieren, sondern die stadteigene frühere Wohnungsbaugesellschaft (WBG, mittlerweile „allerland“), dessen Vorgängerin, die städtische Wohnungsfürsorge, eigens für das neue Wohnfeld gegründet worden war.

„Jahrelang hat Celle ein bedeutendes Zwanzigerjahrequartier des Bauhaus-Architekten Otto Haesler verkommen lassen. Sogar von Abriss war die Rede“, schreibt die HAZ Ende der vergangenen Woche und fährt fort: „Die kommunale Wohnungsgesellschaft Allerland hat geschickte Taktiken entwickelt, die Probleme mit den noch unsanierten Haesler-Denkmalen großzureden und die wirtschaftlichen Perspektiven einer Sanierung kleinzurechnen.“


Nicht nur der Aufsichtsrat der „allerland“ unter Vorsitz von Reinhold Wilhelms (SPD) setzte dem nichts entgegen, sondern auch ein Celler Printmedium ging den Firmenrepräsentanten auf den Leim und wurde nicht müde, die Erzählung von der viel zu teuren Sanierung und den nicht marktfähigen späteren Vermietungspreisen nachzubeten. Aufsichtsratsmitglied Stephan Ohl (Grüne) lässt sich in der HAZ zitieren, „aus Sicht unserer Gesellschaft erschien Abriss und Neubau lange Zeit als die bessere Idee“. Seinerzeit kein leichter Stand für diejenigen in der Stadtgesellschaft, die sich vehement für das Bewahren des Haesler-Erbes einsetzen wie die otto haesler initiative (ohi). Deren Vorsitzender Carsten Maehnert spricht angesichts der aktuellen Entwicklungen von „kläglichem Celler Versagen“, doch er möchte den Blick nach vorne richten und nennt den Eigentümerwechsel einen Glücksfall, „auf den die ‚allerland‘ nicht hingearbeitet hat“.


KEINE BLOSSE LIEBHABEREI

Ein Vertreter des Quartetts aus Hannover ist Dr. Hanno Ziehm, Anwalt und Ururenkel des Färberei- und Reinigungsunternehmers Friedrich August Stichweh. Dessen Immobilienerbe, das aus zahlreichen Häusern des Neuen Bauens besteht, darunter sogar eines, das Bauhaus-Gründer Walter Gropius höchstpersönlich für die Unternehmerfamilie Stichweh in Herrenhausen konzipierte, verwaltet Ziehm. „Ich interessiere mich für Architektur und finde Haesler gut“, sagt der Jurist am Telefon, aber das Attribut „leidenschaftlicher Bauhausliebhaber“ hält er für übertrieben und fügt hinzu: „Wir sind auch keine Retter.“ Er fand es ganz einfach schade, dass ein baukulturelles Erbe zunehmend verfiel und wollte nicht recht glauben, dass eine Sanierung mit einem ausgeglichenen Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht möglich sei. Nach einem Celle-Besuch berichtete er seinem Freund Jörg Stichnoth von der geschichtsträchtigen Siedlung, woraufhin dieser vor rund einem Jahr den Vorschlag unterbreitete: „Wollen wir das nicht kaufen?“


Dieser Plan ist mittlerweile umgesetzt, über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart. Als Eigentümerin ist die „Blumläger Feld Celle GmbH“ nun auch der offizielle Ansprechpartner für das Bundesministerium für Kultur und Medien, das für die bereits bewilligten Fördergelder aus dem Baukulturetat zuständig ist. „Die versenden keine Bescheide an Nicht-Eigentümer“, erläutert Hanno Ziehm die Übernahme ohne feste Zusage der Gelder vom Bund. Er zeigt sich diesen finanziellen Aspekt betreffend ebenso zuversichtlich wie dem Gesamtprojekt gegenüber. „Wir machen nichts aus Liebhaberei und auch nichts Karitatives, wir hoffen einfach, eine preiswertere Lösung zu finden und sind mit Spaß bei der Sache“, sagt der Anwalt und freut sich darüber, dass das Sanierungskonzept vom Landesamt für Denkmalpflege bereits auf positive Resonanz gestoßen ist.


BERÜHMTE ARMENSIEDLUNG

Zur Zeit seiner Entstehung in den Jahren 1930/31 war das Quartier eine Armensiedlung, die deutschlandweit für Furore sorgte. Der Architekt Otto Haesler schuf Wohnraum für die Ärmsten der Armen mithilfe moderner Materialien wie Stahlbeton und radikal kleinen Grundrissen. So günstig wie hier konnte man nirgendwo sonst im ganzen Reich mieten. Dieser Idee Haeslers fühlen sich Hanno Ziehm und seine drei Mitstreiter verpflichtet: „Es werden zu 20 bis 30 Prozent Wohnungen für nicht so betuchte Menschen bleiben, darüber hinaus streben wir eine vernünftige soziale Mischung an.“ Eine geringe Anzahl an Einheiten könnte zu 100 qm-Flächen mittels Verbindungen der Geschosse zusammengelegt werden. Diese Maisonette-Wohnungen decken das höhere Preissegment ab, „alles, was dazwischen liegt, wird zu marktüblichen Preisen vermietet“. Noch ist das Zukunftsmusik, zunächst geht es darum zu klären, inwieweit sich die neu gegründete Gesellschaft an Vergaberichtlinien für öffentliche Träger halten muss. „Das ist jetzt der nächste Schritt“, sagt Hanno Ziehm.


Worte, die einen Celler ganz besonders freuen. Die Sorge, das Blumläger Feld könnte wie unlängst mit der Wachswarenfabrik ein Haesler-Frühwerk dem Erdboden gleichgemacht werden, hatte den Architekturkenner, Autor und Künstler Dietrich Klatt sowie etliche andere Einwohner der Stadt umgetrieben. Wenn Klatt die Vorzüge und Besonderheit der Siedlung darlegte, dann tat er dieses auch mit dem Statement: „Ich würde da sofort einziehen!“



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