CELLE. "Die Debatte um eine wirklich wirksame Baumschutzsatzung (BSS) in Celle zieht sich im Stadtrat nun schon über zwei Jahre hin", so die Celler Klimaplattform. Sie ist ein Zusammenschluss von 15 Organisationen und Vereinen, die sich (unter anderem) dem Klimaschutz verschrieben haben. Einerseits verzögere die Verwaltung die Vorlage entscheidungsfähiger Satzungsentwürfe, andererseits habe sich der Umweltausschuss bislang auch zu keiner klaren Haltung durchringen können, so die Celler Klimaschützer. Sie bitten die Mitglieder des Stadtrats und die Verwaltung jetzt in einem "Offenen Brief" dringlich, bei ihren Entscheidungen im Sinne des Allgemeinwohls folgende Fakten und Argumente zu berücksichtigen und zählen auf - unkommentiert, unzensiert:
∙ Erhalt des noch günstigen Ist-Stands der Begrünung Celles
Unbestritten ist Celle noch eine relativ gut begrünte Stadt, die mit Ausnahme der Altstadt, auch in den meisten bebauten Gebieten noch einen relativ hohen Baumbestand hat. Doch um diesen Baumbestand in Zeiten des Klimawandels zu erhalten, muss jeder weitere, nicht unbedingte nötige, Baumeinschlag vermieden werden. Das lässt sich nur mit einer den Baumbestand wirklich schützen den Satzung erreichen.
∙ Ein hoher Baumbestand ist unverzichtbar für das Mikroklima der Stadt
In Zeiten des Klimawandels liegt die Bedeutung der Bäume in einer Stadt gar nicht so sehr in ihrer Funktion als CO2-Senke, sondern vor allem in ihrer Funktion als natürliche Klimaanlage (bis zu -15 °C im Vergleich zu Pflaster, Beton oder Asphalt). Ganz im Sinne der inzwischen auch von der Verwal tung zu Recht propagierten Schwammstadt, begünstigen Bäume auch die Wasseraufnahme des Bo dens bei Starkregen.
∙ Komplette Abdeckung des Stadtgebiets mit einer BSS ist unverzichtbar
Eine Baumschutzsatzung (BSS) muss nach vorgegebenen Kriterien (wie z. B. Umfang und Baumart) alle Bäume und größere Hecken auf privaten und öffentlichen Grundstücken umfassen und das so wohl auf den bebauten als auch unbebauten Flächen des Stadtgebiets.
🡪 Stadtwälder sind nicht Gegenstand einer BSS, dafür gelten andere Regeln.
∙ Die wirtschaftliche Nutzung von Grundstücken soll nicht verhindert werden Solange das Entfernen von Bäumen außer dem Fällen nichts kostet, wird bei der wirtschaftlichen Nutzung von Grundstücken (egal ob privat oder städtisch) auf den Erhalt von Bäumen keine Rück sicht genommen. Muss jedoch beim Fällen eine dem realen Wert des Baumes entsprechende Abgabe entrichtet werden, würde bei der wirtschaftlichen Nutzung der Erhalt der Bäume von vorneherein mit einkalkuliert. Es geht also um eine sinnvolle Lenkung und nicht Behinderung der Nutzung.
∙ Es muss für jeden gefällten Baum einen realistischen Ausgleich geben
Bei aus Verkehrssicherungsgründen (Altersschwäche, Krankheit) zu fällenden Bäumen, sollte die Ersatzpflanzungen junger Bäume in gleicher Anzahl ausreichen. In allen anderen Fällen muss ein dem gefällten Baum ökologisch entsprechender Ersatz geleistet werden. Solange es dafür keine bundesweit einheitliche Regelung gibt, wären die Kosten (Baumerwerb, Transport und Pflanzkosten) für einen gleichgroßen Baum derselben Art anzusetzen. In der Regel kann dies durch die Nachpflanzung einer entsprechenden Anzahl jüngerer Bäume ausgeglichen werden. Bei Geldersatz muss diese Einnahme von der Stadt für Baumpflege und Neupflanzungen ausgeben werden. Bei nicht genehmigten Baumfällungen sind außer der Ersatzleistung, zusätzlich Geldbußen zu erheben, von einigen 1.000 Euro bei jüngeren und von einigen 10.000 Euro bei älteren Bäumen (das hat sich in anderen Kommunen als überaus wirksam erwiesen).
∙ Nicht nur alte, sondern auch Bäume im besten Wachstumsalter schützen
Wie z. B. auch in Hannover sollten Laubbäume ab 60 cm Umfang geschützt werden. Einfach deshalb, weil ab diesem Umfang der Zuwachs der Bäume bei den meisten Baumarten besonders hoch ist. Für Nadelbäume genügen 80 cm Umfang, da deren Wirkung auf das Mikroklima wesentlich geringer ist.
∙ Klimaschutz und Schutz vor Klimafolgen darf etwas kosten
So wie die Kosten für Straßenbau und Erneuerung eine Selbstverständlichkeit sind, müssen wir uns daran gewöhnen, dass Klimaschutz nicht nur notwendig ist, sondern auch Kosten verursacht. Unbestritten ist, dass die Erstellung eines Baumkatasters, befristet für ca. 1,5 Jahre, zusätzlichen Personalaufwand bedeutet. (Beispiel: Die Stadt Frankfurt gab 2015 die Kosten für die Erfassung von 200.000 Bäumen mit 80.000 Euro an.). Auch die kontinuierliche Betreuung und Kontrolle der geschützten Bäume erfordert Personalaufwand. Der Aufwand für die Durchsetzung einer Baumschutzverordnung liegt laut Städtetag bei einer Stunde pro Monat und 1.000 Einwohnern, das lässt ca. 70 h pro Monat in Celle erwarten. Im Übrigen gehen die durch BSS geschützten städtischen Bäume positiv in die Bilanz der Stadt ein, und sind auch deshalb zur Werterhaltung zu pflegen und zu erhalten.
∙ Unterstützung der Baumbesitzerinnen und -besitzer ist sinnvoll
Baumbesitzende leisten mit dem Erhalt ihrer Bäume einen wichtigen Beitrag zum Gemeinwohl. Des halb wäre es sinnvoll, sie bei der Kontrolle der Verkehrssicherheit und bei großen Pflegemaßnahmen ihrer Bäume durch die Stadt zu unterstützen. Der dafür nötige Aufwand muss selbstverständlicher Bestandteil des Klimaschutzetats der Stadt Celle werden.