CELLE. Mit einem Igel fing alles an: Am 3. Oktober 2022 fand Ramona Bremers Tochter ein Igelbaby im Garten. Es war zu klein und zu leicht, um draußen zu überleben. Also suchte sie eine Pflegestelle, fand aber keine, die Kapazitäten gehabt hätte. Schließlich behielt sie das Kleine selbst und päppelte es auf – der Beginn des Waldhofer Igelstübchens.
Im Herbst 2022 kamen dann noch fünf weitere Igelbabys dazu; ein Jahr später hörte sie bei knapp 60 Igeln auf zu zählen. „Man braucht einen Raum mit Tageslicht und 20 Grad Celsius“, erzählt Ramona Bremer, ein Herz für Igel und noch viel mehr: Aufzuchtsmilch angereichert mit Zusatzstoffen, hochwertiges Katzenfutter (ohne Gelee/Soße) für das erste selbstständige Fressen, später Laufkäfer, Asseln, Heimchen, ab und an Mehlwürmer … Trotzdem schaffen es nicht alle Igel, die abgegeben werden. Häufig, weil zu spät gehandelt wird.
Igelstübchen im Dauereinsatz
„Am Anfang füttere ich alle zwei Stunden – tagsüber und nachts“, sagt Ramona Bremer, die in diesem Jahr schon seit August im Dauereinsatz ist. „Erst mit 90 bis 95 Gramm brauchen sie nachts nichts mehr.“ Ab 250 Gramm lernen die Igelkinder, wie und wo man Futter findet – bei Ramona Bremer bekommen sie lebende Futtertiere: „Igel sind reine Fleischfresser. Die können mit vollem Magen verhungern, wenn da nur die Reste aus dem Vogelfutterhaus drin sind. Getreide und Nüsse können Igel nicht verwerten.“ Ein Irrglaube: Regenwürmer und Schnecken frisst der Igel nur im Notfall.
Wenn möglich: schnell helfen
Sind die Igelkinder groß genug, verlässt die Mutter sie. Im Waldhofer Igelstübchen kommen sie dann entweder in ihr Revier zurück oder in ein Auswilderungsgehege. „Igel machen Winterschlaf“, sagt Ramona Bremer, „Männchen ungefähr von Ende Oktober bis Anfang April, Weibchen etwas später.“ Danach paaren sie sich und 30 bis 35 Tage später kommen zwei bis acht Welpen zur Welt. Ohne die Mutter wird es für die Neugeborenen schon nach sechs Stunden lebensgefährlich: Sie unterkühlen rasch und hungern. Wer ein Igelbaby findet, sollte nicht zu lange warten: „Als Faustregel kann man sagen: `Je jünger die Igel, umso schwieriger wird die Pflege, desto länger man wartet.“
Unterstützung ist wichtig – Aufklärung auch
Große Pflegestationen sind selten in der Nähe und nicht immer erreichbar. Private Pflegestellen wie das Waldhofer Igelstübchen füllen diese Lücke, erhalten aber keinerlei staatliche Unterstützung. Ramona Bremer ist dankbar für alle, die sie finanziell unterstützen. Denn die Igelaufzucht kostet Zeit und Geld: für den Tierarzt, Futter, Einstreu oder den Inkubator, in dem gerade fünf Kleine mit Wärme versorgt werden. Aus Ramona Bremers Sicht fehlt es außerdem an Wissen. „Aufklärung ist total wichtig“, findet Ramona Bremer, „gegen das fehlerhafte Halbwissen. Das müsste im Kindergarten schon anfangen!“