TISTE/CELLE. Die Angebots-Mischung aus Erlebnis, Unterhaltung und Erklären moderner Landwirtschaft kommt weiter sehr gut an: Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK), hat am Donnerstag (28.09.2023) 16 Teilnehmerinnen und einem Teilnehmer des Lehrgangs Bauernhofpädagogik die Zertifikate für die erfolgreiche Teilnahme überreicht. Im Rahmen der feierlichen Abschlussveranstaltung auf dem Klostergut Burgsittensen in Tiste im Landkreis Rotenburg (Wümme) haben alle Teilnehmenden ihre neu entwickelten Konzepte für pädagogische Angebote auf ihren Höfen vorgestellt.
Zu diesem besonderen Anlass reisten Partner und Familienmitglieder der Teilnehmenden ebenso an wie Vertreterinnen und Vertreter der Bundesarbeitsgemeinschaft Lernort Bauernhof, des Landvolks, der Landfrauen, der Anbauverbands Bioland, der Umweltbildungszentren sowie ehemalige Absolvent*innen. Die Vielfalt und die mit viel Energie und Leidenschaft vorgetragenen Projekte haben alle Anwesenden sehr beeindruckt. Jedes Projekt war so individuell und auf die jeweilige Person zugeschnitten, dass keiner am Erfolg der Umsetzung zweifelte.
Über 150 pädagogische Landwirtschaftsbetriebe in Niedersachsen
Kinder stöbern in Ställen zwischen Schweinen oder Kühen; Erwachsene lassen sich die Viehzucht erklären; Demenzkranke erinnern sich auf Spaziergängen an ihre Jugend auf dem Bauernhof; Schulklassen besuchen den Bauernhof als außerschulischen Lernort: Die landwirtschaftlichen Betriebe in Niedersachsen öffnen sich immer öfter der Bauernhofpädagogik. Mehr als 150 Betriebe in Niedersachsen widmen sich mittlerweile diesem Betriebszweig und punkten dort mit einer Mischung aus Erlebnis, Unterhaltung und Erklären moderner Landwirtschaft. Mit ihren verschiedenen Angeboten wollen die Teilnehmenden des LWK-Lehrgangs nicht nur Werbung für ihren Beruf machen, sondern sich auch eine alternative Einkommensquelle erschließen.
„Die Ergebnisse dieser Fortbildung sind beeindruckend“, betonte Kammerpräsident Schwetje. „Schon während des Lehrgangs haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereits mit verschiedenen Zielgruppen auf ihren Höfen und am Seminarort erlebnispädagogisch gearbeitet und konnten das neu erworbene Wissen direkt in der Praxis anwenden.“ Der Lehrgang eröffne den Betrieben neue Entwicklungsmöglichkeiten – wenn der pädagogische Betriebszweig professionell angegangen werde, sei eine gute Nachfrage programmiert, so Schwetje weiter.
„Vom Lamahof bis zu Angestellten des Landvolks haben sich Individualistinnen und Individualisten qualifiziert. Auf dem Bauernhof wird getanzt, gelernt und sinnlich erlebt – eine neue Lebensschule mit Niveau für die Welt“, sagte Christine Hamester, Referentin für Bauernhofpädagogik.
Erfolgversprechend klingt zum Beispiel das Konzept von Katrin Sassen vom „Willdhof Sassen“ mit Fleischrindern und Ferienwohnungen in Wittmund (Ostfriesland). Die gelernte Erzieherin möchte auf dem Hof einen außerschulischen Lernort etablieren, wo sie erlebnispädagogische Angebote mit kreativem Kindertanz verbindet. Bestärkt durch die vielen praktischen Methoden und die Erfahrungen mit unterschiedlichen Zielgruppen bei einer Aktion auf dem eigenen Hof und beim Seminarort ist sie nach eigenem Bekunden jetzt offener für die Arbeit mit unterschiedlichen Zielgruppen. So kann sie sich neben Kindergärten und Schulen auch eine Kooperation mit inklusiven Trägern vorstellen.
Cellerin bringt Kindern die Landwirtschaft näher
Für Fleischereifachverkäuferin Annika Domke, die von einem Milchviehbetrieb mit Direktvermarktung in Celle kommt, stehen bereits die ersten Termine mit Grundschulen auf dem Plan. Sie ist überwältigt von der Nachfrage, die sich innerhalb kürzester Zeit aufgrund ihrer bauernhofpädagogischen Angebote ergeben hat. Mit viel Herzblut möchte sie Kindern und beeinträchtigten Menschen die Landwirtschaft näherbringen. Domke fasste zusammen: „Durch die Arbeit auf dem Bauernhof und die vielfältigen Sinneseindrücke können die Menschen bei mir auf dem Hof vom Alltag abschalten und ganz nebenbei lernen, wie Lebensmittel produziert werden.“ Besonders wichtig sind ihr außerdem die Vermittlung der Themen Kreisläufe in der Natur sowie nachhaltige Wirtschaftsweise.
Elf Lehrgangstage lang haben die Teilnehmenden gelernt, ausprobiert und konzeptioniert, um in Zukunft hochwertige erlebnispädagogische Angebote auf ihren Höfen umzusetzen. Ein hoher Praxisanteil und die betriebs- und persönlichkeitsorientierte Konzeption sowie viele kreative Methoden kennzeichnen diesen Kurs. Während des Kurses setzen die Teilnehmenden an Praxistagen pädagogische Einheiten mit externen Besuchergruppen um. Verpflichtend ist zudem mindestens eine Aktion auf dem eigenen Betrieb, die anschließend im Kurs vorgestellt wird. Außerdem finden Praxiseinheiten bei erfahrenen Bauernhofpädagoginnen und -pädagogen in der Nähe des Seminarortes statt.
Der Lehrgang wird seit 2018 regelmäßig von der LWK angeboten und gilt als wichtiger Beitrag, um auf Höfen qualifizierte Bildungsarbeit zu leisten. Der nächste Lehrgang findet an 13 Tagen in 5 Modulen zwischen November 2023 und März 2024 statt. Es gibt noch freie Plätze. Veranstaltungsort ist der Hof am Kolk in Löningen im Landkreis Cloppenburg. Mehr Details zu den Inhalten und zur Anmeldung finden Sie unter „Veranstaltungen“ auf der Website der LWK.
Text: Wolfgang Ehrecke/Landwirtschaftskammer Niedersachsen