EICKLINGEN. Mit "weißem Gold", wie sie auch genannt wird, hat die frisch gestochene Spargelstange wenig gemein - eher ähnelt sie in ihrem von Erde umhüllten Zustand einem hässlichen Entlein. Hat sie jedoch alle Stationen, die das Gemüse vom Feld bis auf den Ladentisch durchläuft, absolviert, präsentiert sie sich am Ende als schöner Schwan. In diesem Jahr kann sie Teil des Ostermenüs werden, was durchaus nicht selbstverständlich ist. Denn das Gemüse braucht Wärme, um auszutreiben.
„Die Erntezeit muss erstmal richtig losgehen“, sagt Christian Soltau. Auf dem Hof seines Vaters Peter Soltau sind sämtliche Schritte von der Ernte bis zum Verkauf zu beobachten. Die etwas höheren Temperaturen in dieser Woche haben den Junior-Chef erfreut, „aber mit der Produktion sind wir immer drei Tage dem schönen Wetter hinterher.“ Anlass zur Sorge, an Ostern keinen Spargel servieren zu können, gibt ein Besuch des Betriebes in Eicklingen allerdings nicht.
SORTIERUNG PER KAMERAKLICK
Die Laufbänder und Aufbereitungsmaschinen in den Hallen stehen nicht still, es herrscht Geschäftigkeit, stetig werden Kisten auf Hubwagen hereingefahren oder abtransportiert, Vorsicht ist angesagt beim Gang über das Produktionsareal und Gummistiefel sind angeraten. „Die erhalten hier gleich mal eine Wasserdusche“, kommentiert Christian Soltau den Start: In grauen Kisten werden die Stangen vom Feld in die Halle gebracht, „sie müssen gewässert werden, damit die Erde sich löst.“ Diese „Vorwäsche“ ist also für das viele Wasser auf dem Boden verantwortlich, konstatiert der Besucher noch schnell, bevor der zweite Schritt, das Wiegen, ansteht. „Es lassen sich die Erträge eines Feldes und jedes einzelnen Erntehelfers genau ermitteln“, erläutert der Experte, denn bestimmt wird das Gewicht einer grauen Kiste.
Der Farbwechsel von grau auf blaue Behältnisse läutet sowohl den „Hauptwaschgang“ als auch die Sortierung ein. Die geübten Hände der Mitarbeiter legen die Stangen auf ein Laufband, das sie den unterschiedlichen Apparaturen zuführt, ein Messer schneidet sie auf Maß, eine Kamera nimmt per 8- bis 10-facher Ablichtung die eigentliche Sortierung in insgesamt 10 Güteklassen vor. Alles wirkt komplett durchtechnisiert. „Die Maschinen machen sehr viel, aber die Handarbeit ist dennoch das Wesentliche“, erklärt Christian Soltau. In dieser Saison beschäftigt der Betrieb 180 Erntehelfer. Überwiegend kommen sie aus Rumänien. „Wir haben feste Teams auf den Feldern und in der Produktionshalle, bei ihnen sitzt jeder Handgriff.“
Der Jungunternehmer ist mittlerweile an einer neuen Station angelangt: Die sortierten Spargelstangen werden 34 Fächern zugewiesen. Anschließend laufen die fertig gepackten Kisten in den „Durchlaufschocker“ und werden auf 1 bis 2 Grad Kerntemperatur heruntergekühlt. „Das dient dem Erhalt der Qualität, wenn man weißen Spargel nicht kühlt, wird er violett“, erläutert der Fachmann. Nach dem „Schocken“ wird die Ware in Kühlkammern zwischengelagert bis zum Abruf, die von unterschiedlichen Abnehmern erfolgt.
BANDBREITE AN ABNEHMERN
„Wir beliefern alle Kunden – vom kleinen Edeka-Markt um die Ecke über Gastronomie und Marktbeschickern bis zum Endverbraucher“, berichtet Soltau. Nicht zu vergessen die eigenen Verkaufsstände, von denen das Eicklinger Unternehmen rund 10 im Celler Land betreibt. Für deren Angebotspalette hält die Familie Soltau etwas bereit, das der Junior nun am Ende des Rundgangs an seinem Handgelenk baumelnd präsentiert – eine 700 Gramm-Geschält-Tüte, die im Gegensatz zur preisgünstigeren „Hofmischung“, in der auch mal krumm gewachsene, sehr dicke oder mit kleinen völlig harmlosen Flecken versehene Stangen zu finden sind, nur 1A-Exemplare des Edelgemüses enthält. Woran sich das bemisst, zählt er auf: möglichst gerade, geschlossener Kopf, weiße Spitze, mitteldick. „Die Spargelstangen sollen toll aussehen“, sagt er und ergänzt abschließend: „und natürlich ebenso schmecken, und das tun sie alle.“