CELLE. Sind Grünbrücken Steuergeldverschwendung? Dieser und anderen Fragen ging Referent Dr. Friedhart Knolle auf Einladung der BUND-Kreisgruppe Celle am 23. November im Bieneninstitut Celle nach. Der hohe Flächenverbrauch in Deutschland für Siedlungszwecke, intensive landwirtschaftliche Nutzung und der Bau von Verkehrswegen zerschneidet Lebensräume und ganze Landschaften. Die verbleibenden Naturräume schrumpfen. Angestammte Wanderkorridore von Tierarten, die sich großräumig bewegen, werden unterbrochen. Betroffen sind unter anderem Rothirsch und Wildkatze.
Nicht nur Tiere sind in Gefahr: Die dadurch bedingte Isolation von Lebensräumen führt zu vermehrten Verkehrsunfällen, bei denen auch Menschen zu Schaden kommen. Deutschland verfügt über das weltweit dichteste Verkehrsnetz, eigentlich müsste hierzulande daher auch das dichteste Netz an Grünbrücken zu finden sein. Doch Stand heute führen jedoch gerade einmal 107 Grünbrücken über Autobahnen oder Bundesstraßen.
Nicht nur die Naturschutzverbände, auch der ADAC sehen einen erheblich höheren Bedarf. Das Bundesamt für Naturschutz geht von 30.000 „Konfliktstellen“ im überregionalen Verkehrsnetz aus. An diesen Gefahrenstellen stirbt ein Großteil der in Deutschland zu Tode kommenden Tiere – jährlich etwa 200.000 Rehe, 16.000 Wildschweine und 3.000 Rothirsche.
Nicht zuletzt ist das Fragmentieren von Lebensräumen einer der Faktoren, der die Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands weiter anwachsen lässt. Auch aus diesem Grund entstehen in Deutschland und Europa vermehrt sogenannte Grünbrücken, die die isolierten Lebensräume miteinander verbinden. Diese Verbindungen sind dringend nötig, um dem Artensterben entgegenzuwirken.
Fledermaus in Not
Fledermäuse sind betroffen, auch wenn sie in den Wildunfallstatistiken nicht auftauchen. Insbesondere Straßen in Wäldern bergen für sie ein hohes Gefahrenpotenzial, erklärt Fledermausexpertin Dr. Hildegard Rupp von der BUND-Kreisgruppe Celle: „Fledermäuse sind nachtaktiv und orientieren sich im Dunkeln durch Ultraschall-Echoortung. In ihrer Wahrnehmung setzt sich aus den Echos ihrer Rufe ein „Hörbild“ der Landschaft zusammen.“ Zur Orientierung benötigen sie deshalb Leitstrukturen wie Hecken oder Waldränder, die ihnen als Landmarken dienen.
Waldfledermäuse jagen in dichter Vegetation und rufen deshalb sehr leise. Dementsprechend beträgt die Reichweite ihrer Rufe nur wenige Meter. Schmale Forststraßen überfliegen sie an Stellen, an denen sich die Baumkronen der gegenüberliegenden Seiten nahekommen. An breiten Trassen sind sie aber nicht in der Lage, die gegenüberliegende Straßenseite wahrzunehmen. Die Verbindung zwischen Tagesquartier und Jagdgebiet wird auf diese Weise abgeschnitten. Hildegard Rupp: „Sie sind gezwungen, die Straße gewissermaßen im Blindflug zu überwinden.“ Da es hier keine Vertikalstrukturen gibt, die ein Echo zurückwerfen könnten, fliegen sie tief und gelangen so direkt in den Verkehrsraum.
Fledermausbrücken und -tunnel können hier Abhilfe schaffen. Nach ersten Untersuchungen werden sie von den Tieren hervorragend angenommen, es müssen aber weitere Erfahrungen gesammelt werden. Die Brücken helfen, die Gefährdungen des Straßenverkehrs für Fledermäuse zu verringern und dienen so dem Fortbestand dieser stark bedrohten Tiere.
Vortragsreihe „BUND konkret“ — Letzter Termin 2024:
13.12.2024 18:00 Dr. Andreas Lechner Haus der Vereine zum Thema Klimawandel und Mobilität
Text: BUND