CELLE. „#Wunschfunk Celle“ – der Titel hinterlässt Ratlosigkeit, was hat man sich darunter vorzustellen? Eventuell war dieses einer der Gründe, weshalb die gestrige #Premiere der #Schlosstheater-Produktion in der Halle 19 nur mit rund 90 Gästen gefüllt war, und davon rund 10 Personen, die dem Theater zuzuordnen sind.
Mit Radio hat die Aufführung unter der Regie von Sonja Elena Schroeder nichts zu tun, vielmehr handelt es sich, wie auch die Unterzeile auf der Eintrittskarte besagt, um eine Musikshow für Celle mit der Jazzband „WAS NUN“. Das Thema Wünsche garniert ein wenig das Drumherum mit interaktiven Spielen, Bastel- und Ausmalarbeiten sowie Wunsch-Kärtchen-Ausfüllen, die vom schauspielernden Personal eingesammelt, an eine Pinwand gehängt und auszugsweise auch verlesen werden.
Intendant Andreas Döring ist verantwortlich für das Bühnenbild, das den Gästen mit kleinen Tischchen und gepolsterten Sitzgelegenheiten einen komfortablen Aufenthalt beschert. Wichtiger als die Ausstattung ist das, was sich auf der Bühne abspielt, und hier erblicken die Zuschauer zunächst ein originell gekleidetes Jazz-Sextett, bunt uniformiert, ein bisschen Karneval, ein wenig Zirkus. Gelungene Kostüme auch für die vier Hauptdarsteller, die singend und moderierend durch den Abend führen: Dirk Böther, Nora Di Fausto, Lars Fabian und Pia Noll. Die Herren und Damen tragen Frack zu weißen Tennissocken über der Hose zu schwarzen Schuhen und empfangen ihre Gäste entspannt in bequemen Sesseln.
Aber schon bevor der nicht vorhandene Vorhang sich hob, war das Quartett aktiv, ging von Tisch zu Tisch, erklärte dem Publikum, was es auf sich auf sich habe mit den verschieden farbigen Wunsch-Zetteln vor ihnen. Sowohl das Team hinter als auch vor den Kulissen hat sich viel Mühe gemacht, ist durch die Celler Altstadt gelaufen, hat Ladeninhaber und andere Einwohner befragt. Die Überschrift der laufenden Spielzeit „Miteinander ist unsere Kunst“ gab das Motto vor, im Begleitheft heißt es: „Und so ist die Produktion nicht nur eine künstlerische Auseinandersetzung mit einem Thema, sondern vielmehr auch ein Versuch, Gemeinschaft zu stiften, zusammen auf die Reise zu gehen, Gedanken und Sehnsüchte seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger zu hören.“
Weder der Inhalt noch der dahinterstehende Aufwand spiegeln sich in der Aufführung wider, die Herangehensweise wirkt oberflächlich, die Bandbreite der gesammelten Wünsche ist groß – von sehr persönlich gefärbt bis zum Weltfrieden ist alles vertreten. Die Stadt Celle nicht zu vergessen: „Weniger Bäume abholzen, von Residenz- in Bienenstadt umbenennen, sie mal mit den Augen der Besucher sehen…“
„Wenn ich mir was wünschen dürfte, käm ich in Verlegenheit, was ich mir denn wünschen sollte, eine schlimme oder gute Zeit“, textete einst Friedrich Hollaender. Alles andere als trivial – die Qual der Wahl zu haben, wenn man denn tief in sich hineinhorcht. Und so wirkt die Liste der vorgetragenen Antworten beliebig, vorhersehbar und ermüdet schnell.
Bleiben die Reflektionen in textlicher und musikalischer Form. Letztgenannte erweisen sich als die Substanz von „Wunschfunk“, machen den Besuch des Stücks lohnenswert. Nicht nur, dass Moritz Aring als musikalischer Leiter mit seiner Band grandios aufspielt, er hat sich auch die Mühe gemacht, Klassiker des Rock und Pop in seinem Stil neu zu arrangieren und in Lars Fabian einen Künstler gefunden, der singend, tanzend und schauspielernd überzeugt. Seine gesanglichen Solo-Interpretationen von Peter Gabriel’s „Salisbury Hills“ oder „Spiel mir das Lied von der Endlichkeit“ mit Mundharmonika sind dem zweiten Teil nach der Pause vorbehalten und von einer Qualität, die sich spiegelt in der Äußerung eines Gastes, der vor dem tosenden Applaus sagt: „Gott, ist das schön!“