CELLE. Worum es bei den Plänen der Stadt für die Breite Straße wirklich geht, zeigt sich erst in diesen Maitagen. Der Straßenzug ist grün, die denkmalgeschützte Allee präsentiert sich in voller Pracht. Ein letztes Mal - ginge es allein nach dem Willen der Verwaltung - sie will ohne Einbeziehung des Stadtrates die Linden im Zuge der Sanierung im kommenden Jahr der Motorsäge übereignen.
„Es ist keine Sanierung, wenn gefällt wird“, sagt Kay Heinrich mit Nachdruck anlässlich des jüngsten „Green Dates“ der Grünen, das diese nutzten, um allen Interessierten einen Alternativentwurf zu den zwei Konzepten des Rathauses vorzustellen. Entwickelt hat ihn der Architekt Kay Heinrich, der sein Büro „Zeitgemäße Architektur“ in der Fundumstraße, also direkt um die Ecke, unterhält. Weniger Versiegelung, breiter Grünstreifen, kostengünstig, hoher Anteil an Parkplätzen und vor allem – Ausrichtung am Bestand. „Nur dann spricht man von Sanierung“, sagt er und bestätigt damit die Aussage des früheren Stadtbaurates Ulrich Kinder, der unmittelbar nach dem Referat des Bauingenieurs Thomas Pfeiffer der Firma BPR Künne & Partner im Bauausschuss Anfang des Jahres kritisiert hatte, dass überhaupt eine Variante ohne Baumerhalt (V2) erarbeitet wurde: „Das ist ein Modell aus den 1970er Jahren. Das macht man schon lange nicht mehr so. Die Herausforderung ist, mit dem umzugehen, was man vorfindet. Dieser muss sich jeder Ingenieur stellen.“
Heinrich hat einen entsprechenden Vorentwurf erarbeitet, der schmale Gehwege von 1,50 Meter zugunsten eines durchgängigen Grünzuges mit einem Blühstreifen, Büschen und Gräsern inclusive Parkständen in einer Gesamtbreite von 4,75 Meter vorsieht. 82 Parkplätze stünden zur Verfügung, im Vergleich dazu weist die Variante 1 (mit Baumerhalt) des Hannoverschen Büros Künne & Partner nur 65 Abstellbuchten für PKW aus. Heinrichs Hauptkritikpunkt an Variante 1 ist der hohe Grad an Versiegelung, die angegebene Zahl von 11 abgängigen Bäumen hält der Architekt für zu hoch. „Ich gehe von 6-7 aus.“
Um nicht zu viel und zu tief graben zu müssen am Straßenrand, hat er den Abwasserkanal mittig unter die Fahrbahn verlegt, von dieser würde dank einer leichten Wölbung das Regenwasser in Richtung Grünzug abfließen. Die vom Hannoverschen Büro ins Spiel gebrachte Schwammstadt - ein Konzept der Stadtplanung, anfallendes Regenwasser in Städten lokal aufzunehmen und zu speichern, anstatt es zu kanalisieren und abzuleiten - hält Heinrich für nicht anwendbar in der Breiten Straße, da der Boden zu sandig sei.
Im Moment zeigt sich bei der Gestaltung der Nebenanlagen ein heterogenes Bild, Vortreppen ragen hier und da in den Gehweg hinein, manche Häuser haben Vorbeete andere nicht. „Die Stadt ist noch nicht sicher, inwieweit es sich hier um öffentlichen Raum oder Privateigentum handelt“, erläutert der Fraktionsvorsitzende der Stadtratsfraktion Stephan Ohl. Weder in Variante 1 noch 2 finden die Vortreppen Berücksichtigung.
Das Gespräch mit Gewerbetreibenden hat ergeben, dass die Anzahl an Parkplätzen für diese von größter Bedeutung ist. Die Grünen möchten mit ihrem Vorschlag, dessen Vorentwurfs-Charakter Kay Heinrich deutlich hervorhebt, diesem Aspekt durchaus Rechnung tragen, weisen jedoch darauf hin, dass durch eine im Rahmen des Gesamt-Sanierungs-Programms Neuenhäusens vorgesehene Quartiersgarage und die volle Ausschöpfung von betriebseigenen Stellplätzen Spielräume vorhanden seien. „60 bis 80 Parkplätze müssten reichen“, sagt Heinrich.
Dem Argument, der Erhalt der Bäume wäre teurer als eine Neupflanzung hält er entgegen, dass die Bewässerung junger Bäume kostenintensiv sei, und stimmt wiederum mit einem Vertreter des Neuen Rathauses überein. Der Fachbereichsleiter für Verkehr, technische Dienste und Grün, Jens Hanssen, hatte in der jüngsten Ortsratssitzung betont: „Das Billigste ist im Vergleich die Beschaffung der Bäume, teurer ist der Unterhalt.“