CELLE. Nicht nur von hiesigen Fans des Architekten Otto Haesler, sondern auch von überregionalen Fachleuten wird das Direktorenhaus am Französischen Garten als Juwel der Bauhauskunst und Ikone des Neuen Bauens bezeichnet. Nun hat der bisherige Mieter des Gebäudes im Besitz der stadteigenen Otto-Haesler-Stiftung, der Galerist und Vorsitzende des Kulturausschusses Dr. Walter Jochim, die Kündigung erhalten. Zum 31. Dezember 2022 muss er gehen.
Es werden im Erd- und Obergeschoss Büros für die Stadtbibliothek eingerichtet werden, auch von Arbeitsplätzen für die Erstellung von Facharbeiten ist die Rede. Begründet wird das Umnutzungskonzept auch mit dem Wegfall der Roß’schen Villa als Bücherei-Außenstelle. Die Backstein-Villa steht vor der Sanierung, sie soll als ein Start-up-Center dienen.
Eine Antwort der Stadt auf eine CH-Anfrage zur Nachnutzung liegt bisher nicht vor. Von daher ist unklar, ob der lichtdurchflutete Stahlskelettbau der Öffentlichkeit zukünftig in irgendeiner Form zugänglich bleiben wird.
14 Jahre lang, bis zum Beginn der Pandemie im März 2020, beherbergte er über eine Fotoausstellung mit Haesler-Architektur hinaus bildende Kunst, war Celles Kunstadresse Nummer eins und zudem selbst ein denkmalgeschütztes Kunstwerk. Ursprünglich hatte der Architekt des Neuen Bauens, Otto Haesler, die Villa im Jahr 1930 als Direktoren-Wohnhaus für den jeweiligen Leiter des Gymnasiums Ernestinum konzipiert. In späteren Jahrzehnten wurde es Jugendzentrum, entging dank der Initiative von Dietrich Klatt knapp dem Abriss und feierte nach umfassender denkmalgerechter Sanierung im Jahr 2005 ein Comeback.
„Die Räume eignen sich wunderbar, sie sind geradezu prädestiniert für Kunst“, sagt Dr. Walter Jochim. Gerne hätte er weiterhin ein bis zwei Ausstellungen im Jahr präsentiert im Rahmen eines Konzeptes, für das die Stadt sich nicht offen zeigte. Eine Anlaufstelle für Touristen, die sich für das Neue Bauen interessieren, schwebte ihm vor. „Hier hätte man informieren können über das, was Celle an dieser Architekturform bereithält“, erläutert der Galerist und Lokalpolitiker.
Er bedauert die Entscheidung der Stadt und resümiert: „Haesler wird von Seiten des Neuen Rathauses zu wenig wahrgenommen.“