CELLE. „Wir lehnen das ab“, sagt der Celler Generalstaatsanwalt Dr. Frank Lüttig im Verlauf des gestrigen Besuches der niedersächsischen Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann (SPD). Es bestehe keine Veranlassung für die Planungen auf Bundesebene, strafgerichtliche Hauptverhandlungen mit Bild und Ton vollumfänglich aufzuzeichnen. Ein #Gesetzentwurf mit dieser Zielsetzung liegt im #FDP-geführten #Justizministerium in Berlin vor. Im Sommer soll er verabschiedet werden.
Lüttig ist mit seiner strikten Ablehnung nicht allein, Wahlmann pflichtet ihm bei und auch die Präsidentin des Celler Oberlandesgerichtes Stefanie Otte. „Dieser Entwurf hat unglaublich viele Nachteile“, sagt die niedersächsische Justizministerin, eine #audiovisuelle #Aufzeichnung berge die Gefahr, dass Zeugen beeinflusst und in der Folge die Wahrheitsfindung gefährdet sei. Der Einsatz von Spracherkennungssystemen ist vorgesehen, noch am Abend des Verhandlungstages soll eine Transkription der Aufnahmen erfolgt sein. „Ich arbeite mit einem Spracherkennungssystem, aber wie stellt es sich während einer Verhandlung dar?“, merkt der Celler Generalstaatsanwalt an, eine Vielzahl unterschiedlicher Stimmen, auch Dialekte müssten erfasst werden. Dieses gebe der Stand der Technik noch nicht her.
Als Begründung für den Gesetzentwurf führe das Bundesministerium für Justiz Modernität und Digitalisierung an, erläuterte #Wahlmann. Die Fachebenen bundesweit seien befragt worden. „Und alle haben sie sich dagegen ausgesprochen“, betont das niedersächsische Regierungsmitglied, und Lüttig fügt hinzu: „Alle 23 Generalstaatsanwaltschaften und der Generalbundesanwalt sind dagegen“. Der Gesetzentwurf komme zur Unzeit. Die Justizbehörden seien derzeit unter anderem mit der Etablierung der elektronischen Akte beschäftigt. „Jede Einführung eines neuen Systems braucht Zeit, es muss Testphasen geben“, gibt der Celler Jurist zu bedenken.
„Auch die Oberlandesgerichte lehnen ab“, berichtet Stefanie Otte. Sie möchte die Ablehnung jedoch nicht als Ausdruck verstanden wissen, man sperre sich in Justizkreisen gegen technische Neuerungen: „Wir wollen Digitalisierung, aber sie muss funktionieren.“ Diesen Stand der Technik sieht sie aktuell hinsichtlich der Dokumentation von Verhandlungen in der auf Bundesebene geplanten Form noch nicht. „Es wird keine verlässlichen Aufzeichnungen geben.“
Dr. Frank Lüttig sagt abschließend: „Ich sehe keinen Gewinn an Rechtsstaatlichkeit.“