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Peter Fehlhaber

"Make music, not war" - Celler Friedenskonzert *Große Bildergalerie*



CELLE. Nachdem Veronica Syorenko die ukrainische Nationalhymne stimmgewaltig vortrug, wenige Sekunden Stille, die sich anfühlen wie Minuten - darf man diese Stimmung mit Applaus stören oder soll man andächtig innehalten? Doch als sie sich vorm Publikum verneigte, verneigte sich das Publikum vor ihr, rund 600 klatschende Hände. Das sollte sich durch den gesamten Abend ziehen - mehr als vier Stunden Programm, in wenigen Tagen von Kai Thomson und seinem Team der CD-Kaserne mit viel ehrenamtlicher Unterstützung auf die Beine gestellt (CELLEHEUTE berichtete). "Als mich Kai fragte, habe ich nicht gezögert - eine halbe Stunde war das Programm schon veröffentlicht," staunt Sänger Martin Cornell. Und es änderte sich täglich, denn immer mehr KünsterInnen wollten mitmachen: Die CD-Kasernen Piraten, Hanna Mehl, Ella Anschein, Duo Einklang, Pour L'Amour, Andreas Döring, Samba Beija Flor, Alien Cat, Klaus Engeling, Valeoka, Sarah & Volker, Kalli Struck, mTp, Rosemary's Dream, Marcess und die Band der Stunde. Das Pubilkum hatte sich mit 6000 Euro Spenden zugunsten von "World Vision" und "Aktionsbündnis Katastrophenhilfe" bedankt.

Pastor Michael Kurmeier leitete den Abend mit diesen Worten ein

Der barbarische Überfall auf die Ukraine ist ein von Wladimir Putin geplanter und befohlener Angriffskrieg gegen einen souveränen Staat.

Seitdem herrscht in der Ukraine Gewalt und Tod,

Flucht und Zerstörung.

Und ich bin darüber fassungslos.

Wie vor den Kopf gestoßen, verbringe ich meine Zeit.

Und nun bin ich hier, mit Euch auf einem Friedenskonzert.


Ein Friedenskonzert, also die Aufführung mehrerer Musikwerke,

die vom Frieden singend, tönend erzählen, dient am heutigen Abend der Solidarität mit denen, die in der Ukraine unfassbares Leid, Gewalt und Tod ertragen müssen,

auch jetzt in diesem Moment, unmittelbar,

knapp 2000 Kilometer von Celle entfernt

und ein Friedenskonzert hilft mir,

mich mit Menschen hier vor Ort zu connecten,

gemein zu machen, deren Hilf- und Ratlosigkeit auch die meine ist.

Ein Friedenskonzert:

JA, denn:

Wenn du singst Singen alle, die dich sehen Und die Welt wird dich verstehen Wenn du singst

Wenn du singst

Wird Musik die eigne Fügung Jeder Ton wird zur Berührung Wenn du singst.


Make Music – not war!


Nicht wahr:

Musik erzeugt Gänsehaut, bringt uns in Hochstimmung oder treibt uns die Tränen in die Augen.

Erstaunlich, wie sehr uns Klänge beeinflussen und unsere Gefühlswelt dirigieren.

Nicht umsonst gilt Musik als universelle Sprache.

Sie verbindet Menschen miteinander über Grenzen hinweg.

Sie kommt auch ohne Worte aus und jeder Mensch versteht sie auf Anhieb.

Gut, dass wir jetzt so, in Angst, in Trauer, bisweilen mit Wut beieinander sind, bei ihr, bei der Musik zu Hause sind.


Und ich kann vielleicht ganz neu erfahren, entdecken, lernen:

Das Mitempfinden, das mich Hineinversetzen, das Hineinhören in andere macht mich zum Menschen.


Anders gesagt:

Meine Hinwendung zu anderen, meine Hilfe, meine Solidarität, meine Opfer sind nie vergeblich;

sie stärken mich, indem sie mich zu einem immer empfindsameren Menschen machen.

In Worten Berthold Brechts:

Keinen verderben zu lassen,

auch nicht sich selber,

jeden mit Glück zu erfüllen,

auch sich, das ist gut.

Nun bin ich in einem Konzert für den Frieden.

Und lasst es mich bitte so sagen,

weil ich es nun mal nicht anders deuten und empfinden kann,

wohl wissend ich könne mich auch irren.

Frieden ist nur noch Frieden mit dem Feind.

Der Friede ohne den Feind wäre in unserer Welthälfte und in unserer Kriegslogik,

der Friede nach dem Untergang.

Denn soviel scheint sicher,

soviel ist sicher, tot-sicher:

Dein Feind braucht Frieden.

Du brauchst Frieden.

Mit ihm.


Darum:

Besser schlecht miteinander gesprochen

als gut aufeinander geschossen.

Besser unbeholfen aufeinander zugehen

als gekonnt übereinander herfallen.

Besser langsam mit Geduld

als schnell mit Wut.

Besser nach-verhandeln

als nach-rüsten.

Und eins noch: Besser heute den ersten Schritt wagen,

als morgen den letzten Schritt riskieren.


Lasst euch nicht betrügen!

Dass Leben wenig ist.

Schlürft es in schnellen Zügen!

Es wird euch nicht genügen

wenn ihr es lassen müsst.

(noch mal der gute Brecht)


Also aus Liebe zum Leben,

aus Sorge um das Leben, der leidenden und von Tod bedrohten Menschen in der Ukraine,

und aus Verantwortung für das Leben sind wir hier.


Und so offen und so ehrlich uns das möglich ist,

versuchen wir Rechenschaft zu geben

von unserer Ratlosigkeit und Mitschuld,

von unserer Hoffnung und unserer Verantwortung.


Aus Liebe zum Leben sind wir hier.


Denn:

Wenn Du liebst Lieben alle, die dich sehen Und die Welt wird neu entstehen Wenn Du liebst

Wenn Du liebst übernimmt dein Herz die Führung Und dein Atem wird Berührung Wenn Du liebst


Wenn Du liebst Blüht die Freiheit wie der Ginster Und die Zeit öffnet ein Fenster Was verloren schien, beginnt Wenn Du liebst.


Schalom, insha'Allah, Amen



Fotos: Peter Fehlhaber

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