CELLE. "Wir nehmen das Ganze mal sportlich und sind natürlich weiterhin für euch da", heißt es im Facebook-Account von der Eventbar "Relax". So freundlich wie der Post klingt, ist die Sache jedoch nicht. Die Betreiber Dominik Stresing und Simon von Collrepp sahen sich zur Veröffentlichung genötigt: "Wir wollten einen Imageschaden verhindern - wie schnell spricht sich fälschlicherweise herum, man sei pleite."
Zwei Jahre keinen gestört, nun "zur Gefahrenabwehr" entfernt
Begonnen habe es, nicht zum ersten Mal, mit einem Schreiben der Stadt Celle: "Amtliche #Ermittlungen haben ergeben, dass Sie an der Fassade der o.a. Anlage u.a. einen Werbeausleger (s. Anlage) in einer Größenordnung von offensichtlich mehr als 1 m2 Ansichtsfläche angebracht haben", ist da zu lesen. Auf Deutsch: "Da hängt ein #Schild, das uns nicht passt."
Eigentlich müsste es "uns jetzt nicht mehr passt" heißen, denn das Schild hängt nach Angaben der Betreiber dort seit September 2020. Warum es trotz seiner "aufdringlichen Leuchtkraft aufgrund seiner Lichtstärke" die Stadt Celle zwei Jahre lang offenbar nicht störte, teilt sie nicht mit und beruft sich auf "Recht, das Recht bleiben muss". Zur ganzen Wahrheit gehört: Vorher stand dort "DC Sportsbar", jetzt "Relax".
"Beträchtliche negative Vorbildfunktion in der besonders geschützten Altstadt"
Das Anbringen des "aufdringlichen, lichtstarken Werbeauslegers" sei nun mal nicht genehmigt gewesen und verstoße sowohl "gegen materielles Baurecht nach § 2 Abs. 17 NBauO" als auch gegen das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz. "Ferner dürfte die Anlage aufgrund ihrer Außenwirkung eine beträchtliche negative Vorbildfunktion in der besonders geschützten Altstadt entwickeln. Dies kann ich im öffentlichen Interesse nicht hinnehmen", wird die Stadt in Ich-Form deutlich und droht mit einem Bußgeld von 500 Euro bei Zuwiderhandlung.
"Für uns nicht das erste mal", so Stresing. Als er einst bei der Übernahme des ehemaligen Lokals "Noblesse" deren genehmigte Aufkleber in identischer Größe mit dem neuen Namen "DC Sportsbar" überklebte, waren diese auf einmal nicht mehr genehmigt.
"Wir beleben die Innenstadt, bezahlen das Rathaus und werden wie Stiefkinder behandelt"
"Wenn wir etwas neu beantragen hätten müssen, geht das natürlich auf unsere Kappe", räumt Stresing ein, aber, so von Collrepp: "Man kann doch über alles reden und manches direkt klären. Wir #Gastronomen und #Händler sind es, die die #Innenstadt beleben, wir sind es, die das Rathaus bezahlen. Wenn wir wiederholt wie Stiefkinder behandelt werden, finde ich es nur traurig."
Die #Marktbeschicker können ein Lied davon singen, die alljährlich wegen des #Weihnachtsmarktes immer neu um Plätze ringen und Umsatzeinbußen verkraften müssten - durch Bevormundungen der städtischen Behörde (CELLEHEUTE berichtete mehrfach).
Immer wieder und noch beim Bürgerempfang machte Oberbürgermeister Dr. Jörg Nigge deutlich, wie wichtig ihm die Innenstadt sei und wie "wenig Leerstand" es gäbe. Während Zweites durch verschiedenen Zählweisen nicht eindeutig belegt ist, setzte er sich auch persönlich für Gastronomen ein und suchte unkonventionelle Lösungen, "trotz Recht und Gesetz". Vielleicht gelingt es dem OB, auch verwaltungsintern Paragraphenreiterei mit Weitblick und Kommunikation nicht gerade zu ersetzen, aber doch zu ergänzen, um, wie im Schreiben gewünscht, "aus Gefahrenabwehrgründen [...] rechtmäßige Zustände herzustellen".
CELLEHEUTE hat die Verwaltung zu einer Stellungnahme eingeladen.
+UPDATE+ Auf Nachfrage von CELLEHEUTE erklärt die Stadt, unzensiert und unkommentiert:
"Unsere Altstadt ist einzigartig und ein Magnet für viele Besucherinnen und Besucher aus der ganzen Welt. Um dieses einmalige Erbe mit seinem Flair zu erhalten, regelt die Gestaltungssatzung, was und in welcher Form/Größe zum Beispiel an den Fassaden angebracht werden darf. Celles Politik hat sich für diese Satzung eingesetzt, welche durch den Rat beschlossen wurde. Diese gilt für alle handelnden Personen in der Altstadt gleichermaßen.
So werden in der Regel vor geplanten Anschaffungen Gespräche geführt und Genehmigungen eingeholt. Ist dies nicht der Fall und auch nicht im Nachgang genehmigungsfähig, müssen Bauteile entfernt werden. Die Stadtverwaltung überprüft nicht aktiv die Einhaltung der Satzung, muss allerdings auf Beschwerden reagieren. Wie in diesem Fall, dem eine Beschwerde aufgrund von Wettbewerbsverzerrung voranging. Eine erste telefonische Nachfrage beim Betreiber ergab, dass die Genehmigung für die Anlage von den „Vorgängern“ eingeholt worden sei, es sollte jedoch nochmals untereinander Rücksprache gehalten werden. Auch auf die in Folge schriftlich zugestellte behördliche Anhörung gab es seitens des Betreibers keine Rückmeldung. Eine Genehmigung für diese Anlage wurde nie erteilt und diese ist auch im Nachgang nicht genehmigungsfähig."