
CELLE. "Ich kenne wenige Menschen, die so politisch sind wie Nicht-Wähler", sagt die Celler Bundestagskandidatin Manuela Mast. Statt fehlendem Interesse macht die Linken-Politikerin zwei Hauptgründe für die Wahlenthaltung aus: mangelnde politische Repräsentation oder persönliche Belastungen. Zu Letzteren gehörte jahrzehntelang auch Manuela Mast selbst. "Bis vor drei Jahren habe ich selbst nicht gewählt."
"Armutsbetroffene werden oft vorschnell als Faulenzer abgestempelt. Das wird den Menschen aber nicht gerecht."
Manuela Mast hatte eine "stolpernde Jugend mit Herausforderungen", wie sie selbst sagt. Sie besuchte die Fachoberschule mit Schwerpunkt Gestaltung, bekam früh ein Kind und landete – auch wegen fehlender Unterstützung ihrer Eltern – in der Erwerbsunfähigkeit. Untätig war sie in der Zeit nicht. Sie zog zwei Kinder groß und engagierte sich ehrenamtlich im Atelier 22. "Armutsbetroffene werden oft vorschnell als Faulenzer abgestempelt. Das wird den Menschen aber nicht gerecht. Da stecken triftige Gründe hinter", weiß Manuela Mast aus eigener Erfahrung. Ihre Vergangenheit ist für sie der Antrieb für die Bundestagskandidatur: "Es muss auch Menschen wie mich geben, die diese Gruppe vertreten."
Viele Gründe für Leistungsbezug
Zur Gruppe der Menschen mit Leistungsbezug zählen neben Langzeitarbeitslosen unter anderem auch einige BaföG-Empfänger oder ältere Menschen mit geringer Rente. "Die Gruppe derjenigen, die wirklich nicht arbeiten wollen, ist die kleinste. Totalverweigerer ist der falsche Begriff. Einige Langzeitarbeitslose haben sich selbst abgeschrieben", sagt die Linken-Politikerin, die mittlerweile als Kellnerin arbeitet.
Linke fordert: Abschaffung der Schuldenbremse
Mehr Unterstützung für sozial Schwächere, die Abschaffung der Schuldenbremse oder Lösungen für den Klimawandel: Die Inhalte waren für Manuela Mast der Auslöser in die Linke einzutreten. "Es war, als hätte mir jemand mit dem Parteiprogramm aus meinem Kopf abgeschrieben. Ich bin überzeugte Linke", sagt sie. Ihr persönliches Herzensthema ist eine bessere Versorgung bei psychologischen Erkrankungen. Betroffene sollten schneller einen Therapieplatz bekommen.
"Wenn von Wirtschaft gesprochen wird, geht es meist um Profite. Wann haben wir es als Gesellschaft versäumt, dass wir nicht mehr die Menschen dahinter sehen?"
"Wenn von Wirtschaft gesprochen wird, geht es meist um Profite. Wann haben wir es als Gesellschaft versäumt, dass wir nicht mehr die Menschen dahinter sehen?" Manuela Mast fordert stattdessen mehr Rücksicht auf individuelle Lebenssituationen. "Für einen Trauerfall in der Familie steht dir ein Tag zu. Vielleicht sollten das aber lieber ein bis zwei Wochen sein, um das gut zu verarbeiten."
Glaubt man den aktuellen Hochrechnungen, könnten die Linke wieder in den Bundestag einziehen. Die Zahl der Parteieintritte stieg zuletzt stark an – auch in Celle. Hier hat sich die Mitgliederzahl der Linken im vergangenen Jahr verdoppelt. Eine Regierungsbeteiligung ist jedoch äußerst unwahrscheinlich – auch für Manuela Mast. "Wir sind sehr stur. Unser Parteiprogramm ist das Heiligste. Koalitionsverhandlungen mit uns als Partner wären schwer. Aber eine Einigung wäre nicht ausgeschlossen – wie in Thüringen." Die aktuelle Brandmauer-Debatte betrachte die Politikerin mit Abstand: "Wer denkt, dass die CDU das Problem ist, muss sich nur mal die SPD ansehen. Keine Partei kann sich vollständig von faschistischen Tendenzen freimachen, auch nicht die Linke."