HANNOVER/CELLE. "Die Corona-Regeln sind einfach und verständlich", glaubte vor kurzem noch Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil in unserer CHTV-Sendung "Jetzt mal ehrlich". Nur zwei Stunden nach dem Interview folgten aus seinem Haus Grafiken für jene, "die es doch nicht so ganz verstanden haben". Nun, wenige Wochen später, versteht das Land offenbar seine eigenen nicht mehr. Ob G2plus, Boosterung, Bußgeld oder Impfpflicht - viele Fragen, wenig Antworten.
Impfschutz nur bei "Geboosterten" ausreichend?
Wir fragten am Montag:
- 2G+-Befreiung für Geboosterte: Welche in der Pressemitteilung zitierten "wissenschaftlichen Erkenntnisse" führen dazu, dass nun entgegen den vorherigen Beteuerungen eine 'normale vollständige Impfung' nicht mehr den nötigen Schutz bietet, um auch unter die Ausnahmeregelung zu fallen? Müssen sich jene Geimpfte Sorgen um ihre Gesundheit machen und ein gutes halbes Jahr auf den "richtigen Schutz'"warten? Falls nein, warum werden diese konkret ausgeschlossen?"
"Antwort" der Landesregierung (Niedersächsisches Ministerium für Soziales,
Gesundheit und Gleichstellung): "Mit Wirkung vom 24.11.2021 wurde landesweit die Warnstufe 1 (2G-Regel) für das Land Niedersachsen festgestellt.Ab der Warnstufe 2 gilt auf Grundlage §3 Abs. 2 Corona-Verordnung in nahezu allen niedersächsischen Kommunen die 2Gplus-Regel: https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/vorschriften-der-landesregierung-185856.html" (Außerdem ging sie ausführlich auf einen mutmaßlich ungenügenden Impfschutz durch "Johnson und Johnson", was aber nicht unserer Fragestellung entsprach.) Wir fragten nach: "Grundlage der Frage ist nicht die von Ihnen erneut zitierte Verordnung, sondern die RÜCKNAHME dieser noch vor Inkrafttreten, ausschließlich für Geboosterte, siehe: https://archiv.celleheute.de/2g-nun-doch-nicht-fuer-geboosterte Darum nochmal die Fragen vereinfacht:
- Sind nur „Geboosterte“ ausreichend geschützt?
- Schützen demnach alle Impfungen ohne „Boosterung“ nicht ausreichend?
- Besteht für alle Geimpften ohne Boosterung eine höhere Gefahr?
- Falls nein - warum werden diese dann nicht von der 2g+ Regel befreit? Antwort der Landesregierung: Keine - auch nicht nach zwei Erinnerungen am Mittwoch und Donnerstag.
100 Euro oder 25000 Euro? Wie hoch wird das Bußgeld?
Wir fragten am Montag: Der aktuelle Corona-Bußgeldkatalog deckt sich nicht mit den geltenden Paragraphen. In Celle droht der Landkreis z.B. explizit mit „bis zu 25000 Euro" bei Maskenverstoß und beruft sich zu Recht auf die Verordnung. In Ihrer Erklärung kostet das „nur“ bis zu 150 Euro. Nach welchen Kriterien werden diese festgesetzt und warum sind diese offenbar willkürlich? 150 sind zwar auch „bis zu 25000“ Euro, aber vielleicht gibt es da eine nachvollziehbare Erklärung? Antwort der Landesregierung (Niedersächsisches Ministerium für Soziales,
Gesundheit und Gleichstellung): 25.000 Euro sind der maximale Betrag, der bei Verstößen gegen die Corona-Verordnung als Bußgeld verhängt werden kann. Die Höhe eines Bußgeldes wird im Einzelfall von den zuständigen Behörden festgelegt und muss mit Blick auf die Schwere des Verstoßes verhältnismäßig sein. Mit dem am Samstag in Kraft getretenen Bußgeldkatalog haben die zuständigen Behörden eine Orientierung für die Festlegung der Bußgelder erhalten. Je nach Schwere der Verstöße können die letztlich festgesetzten Bußgelder auch höher liegen. Ein Bußgeld von 25.000 Euro bei einem Verstoß gegen die Maskenpflicht wäre jedoch nur schwer als verhältnismäßig begründbar. Wir fragten nach: Nach welchen konkreten Kriterien kann eine zuständige Behörde, hier z.B. der Landkreis Celle, bestimmen, was „verhältnismäßig“ ist? Es geht hier ja nicht um eine marginale Abweichung, sondern von "100-150“ Euro zu 25000 Euro, also um einen bis zu 250-fachen Wert! Was genau verspricht sich die Regierung von einem „Bußgeldkatalog“, wenn er am Ende nach Gutdünken der/des jeweiligen Sachbearbeiterin/Sachbearbeiters ausgelegt wird, die Justiz unnötig belastet wird, bis am Ende ein/e Richter/in ebenfalls nach eigenem Ermessen entscheiden muss, was verhältnismäßig ist?
Antwort der Landesregierung: Keine - auch nicht nach zwei Erinnerungen am Mittwoch und Donnerstag.
Wie soll die Impfpflicht durchgesetzt werden?
Wir fragten am Montag: Wie ist eine Umsetzung angedacht? Wer das Bußgeld nicht zahlen möchte oder kann, droht Erzwingungshaft. Falls nein, welchen Sinn macht eine Impfpflicht? Falls ja, welche Szenarien überlegt die Regierung, wenn nach geltendem Recht alle Strafmündigen ins Gefängnis müssten und die Jüngeren in Obhut der Jugendämter? Antwort der Landesregierung (Niedersächsisches Ministerium für Soziales,
Gesundheit und Gleichstellung): "Die Debatte über die Impfpflicht und deren Ausgestaltung wird im Bundestag zu führen sein." Wir fragten nach: Heißt das, dass seit Wochen etwas gefordert wird, ohne selbst über Konsequenzen nachzudenken? Antwort der Landesregierung: Keine - auch nicht nach zwei Erinnerungen am Mittwoch und Donnerstag.