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Audrey-Lynn Struck

Rheinmetall liefert erstmals neue Gepard-Munition in die Ukraine


UNTERLÜSS/DÜSSELDORF. Rheinmetall hat die erste Lieferung neuer Munition für Gepard Flugabwehrkanonenpanzer in Richtung Ukraine auf den Weg gebracht. Vertragsgemäß hat der Düsseldorfer Technologiekonzern nun das erste Los der 35mm-Flugabwehr-Munition im Rahmen der deutschen Unterstützung des Abwehrkampfes der Ukraine ausgeliefert. Insgesamt 40.000 Patronen sollen bis Jahresende gefertigt und bereitgestellt werden.


Munition dient der ukrainischen Luftabwehr


In der Ukraine werden die Lieferungen aus Deutschland dringend erwartet, denn der Gepard mit seiner 35mm-Zwillingskanone ist ein entscheidender Faktor im Verteidigungskampf des Landes. Die Bundesregierung hat 46 dieser Flakpanzer zur Verfügung gestellt, weitere sechs sollen folgen. Für die Ukraine sind sie essentiell im Kampf um die Lufthoheit über ihrem Territorium. Gegen Kamikaze-Drohnen, mit denen Russland ukrainische Städte angreift, bewähren sich die Gepard-Flak-Panzer als überaus effiziente Abwehrwaffe. Sie sind quasi permanent im Einsatz, entsprechend hoch ist der Munitions-bedarf.


Rheinmetall fertigt Munition für Mittelkaliberwaffen bislang zu einem Großteil in der Schweiz, doch nun wurden zur Versorgung der Gepard-Systeme erstmals neue Fertigungskapazitäten in Deutschland geschaffen. Mehrere Millionen Euro wurden für die Anlage investiert.


Auftrag zur Munitionslieferung im Februar unterzeichnet


Im Februar 2023 hatte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius beim Treffen der Ukraine Defence Contact Group in Brüssel angekündigt, eine entsprechende Munitionsfertigung bei Rheinmetall in Deutschland neu entstehen zu lassen. Der Vertrag zur kurzfristigen Lieferung von insgesamt 300.000 Schuss Munition für den Flakpanzer Gepard war wenige Tage zuvor unterzeichnet worden. Das Projekt zur Schaffung der neuen Fertigung stand aufgrund der politischen Relevanz vom ersten Tag an unter enormem Zeitdruck und verlangte aufgrund der Dringlichkeit einen technologischen und logistischen Kraftakt.


Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender der Rheinmetall AG: „Wir stehen zu unseren Zusagen. Nur sechs Monate nach Vertragsunterzeichnung haben wir jetzt vereinbarungsgemäß mit den Lieferungen begonnen. Mein Dank gilt allen Frauen und Männern bei Rheinmetall, die sich für dieses Projekt eingesetzt und hart für diesen Erfolg gearbeitet haben, teils auch an den Wochenenden. Auch die Leistungen unserer Zulieferer sind zu würdigen, die geholfen haben, das Unmögliche möglich zu machen. Der Erfolgsdruck war riesig – doch alle haben aus voller Überzeugung an dem Projekt gearbeitet. Wir wollen den Menschen in der Ukraine damit helfen. Jeder Drohnenabschuss rettet Leben!“


Rheinmetall baut Fertigung neu auf


Im Ringen um Nachschub an Munition hatte die Bundesregierung auch im Ausland nichts unversucht gelassen – vergeblich. In Deutschland waren die Bestände auf null, nachdem die Gepard-Systeme schon vor rund fünfzehn Jahren außer Dienst gestellt worden waren. Andere Länder verweigerten die Bereitstellung vorhandener Munition aus politischen bzw. aus verfassungsrechtlichen Gründen.


Nur in einem eng verwobenen Kompetenznetz von Rheinmetall-Technikern und Ingenieuren in der Schweiz, in Deutschland und in Italien war es möglich, die Fertigung nun neu aufzubauen.


Die Herausforderung: Um den Urtyp der Munition nachzubauen, fehlten schlicht die früheren Werkzeuge. Es kam eine Mischung aus Reverse Engineering und Anpassungsentwicklung zum Tragen, wie es sie wohl noch nie gab: Die vorhandene 35mm-Munition für die Bordwaffe eines Schützenpanzers wurde durch geeignete Anpassungen für den Gepard nutzbar gemacht. Eine besondere Herausforderung lag darin, die Munition für den Feuerleitrechner des Gepard zuverlässig erkennbar zu machen.


Dabei präsentierten sich die Elektronik und die Feuerleitung des betagten Flak-Panzers, der in den 1960er Jahren entwickelt worden war, trotz ihrer immer noch sehr guten Leistungen regelrecht als Black-Box. Gleichzeitig galt es, die Lieferkette für die neue Munition so zu erweitern, dass der Schweizer Wertschöpfungsanteil so weit wie möglich reduziert werden konnte.


Zahlreiche Munitionstests in Unterlüß


Armin Papperger: „Wir haben eine unschlagbare Stärke bei Rheinmetall – nämlich, dass wir als Systemhaus so ein breites Wissen im Konzern haben. Ob in der Munitionsentwicklung, in der mechanischen Fertigung und der Materialkunde, ob in der Waffentechnik der Flugabwehr, bei umfangreichen Schieß-Erprobungen, in der Konzeption der Fertigungsanlage oder deren Bau – überall haben unsere Experten mit großem Ehrgeiz und persönlichem Einsatz für das Projekt gearbeitet. Ihnen war bewusst, dass die Ukraine die Munition dringend braucht, je schneller desto besser.“

Nach vielen Tests im niedersächsischen Erprobungszentrum Unterlüß konnte das Verifikationsprogramm mit dem Beschuss aus dem Gepard-Flak-Panzer im Mai 2023 erfolgreich abgeschlossen werden.


Parallel wurde im zivilen Bereich Rheinmetalls in Neuss eine sogenannte LAP-Linie konzipiert, die später im italienischen Lanciano – ebenfalls bei Rheinmetall – baulich entstand, um schließlich nach Unterlüss verlegt zu werden. LAP steht dabei für die Bearbeitungsschritte Loading – Assembly – Packing, also das Befüllen der Hülsen mit der Treibladung, den Zusammenbau der verschiedenen Bestandteile einer Patrone sowie die Verpackung. Das Pulver für die Treibladung kommt dabei von der Nitrochemie, die ebenfalls dem Konzernverbund angehört.


Insgesamt 40.000 Patronen sollen noch im Jahr 2023 ausgeliefert werden. Zwei Munitionstypen wird die Ukraine erhalten, und zwar jeweils 150.000 Schuss. Einerseits die Unterkalibermunition vom Typ APDS-T, die Schwermetall-Penetratoren enthält und sich besonders zum Kampf gegen gehärtete Ziele eignet. Zum anderen wird klassische Sprengbrandmunition des Typs HEI-T geliefert, die für die typischen Ziele der Flugabwehr konzipiert wurde, also Luftziele wie Flugzeuge oder Lenkflugkörper. Fotos und Text: Rheinmetall

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