BERGEN. Ministerpräsident Stephan Weil unterstützt den Widerstand gegen die Neubaupläne der Deutschen Bahn: Auf Einladung der Landtagskandidatin Ros-Marie Siemsglüß war er gestern nach Bergen gekommen und verschaffte sich vor Ort einen Überblick über den Verlauf einer drohenden Neubaustrecke mitten durch das Stadtgebiet und die Lüneburger Heide. Dort stellte er klar, dass sowohl die Landesregierung als auch die Landespolitik Niedersachsens kein solches Projekt akzeptieren würden und kündigte an, den Bundesverkehrsminister Volker Wissing zu einem Ortstermin einzuladen. Auch Vertreter aus Lokalpolitik und Bevölkerung signalisierten Entschlossenheit, ihre Region vor der Zerschneidung zu schützen.
„Ohne Wenn und Aber“ stehe man zu Alpha E, so Weil, der in einem Café Fragen von Bürgern beantwortete, nachdem er an der B 3 zwischen Grünewald und Offen den möglichen Verlauf einer von der Deutschen Bahn geplanten Neubautrasse in Augenschein genommen hatte. Eine solche widerspreche dem im Rahmen des Dialogforums Schiene Nord im Jahr 2015 im Konsens mit BürgerInnen und Politik getroffenen Beschluss, der unter dem Namen „Alpha E“ bekannt und im Bundesverkehrswegeplan festgeschrieben sei.
Nach Alpha E soll das schon bestehende Schienennetz erneuert und ausgebaut werden, anstatt die Landschaft mit einer neuen Trasse zusätzlich zu zerschneiden. Die Behauptung der Bahn, auch sie prüfe die Neubauvariante lediglich aus juristischen Gründen, um den Ausbau rechtssicher zu machen, „kann man glauben oder nicht“, so der Ministerpräsident. Er ließ deutlich durchblicken, dass er diese Aussage bezweifelt und davon ausgeht, dass man sich bei der Bahn von einem Neubau verspreche, mehr Geld verdienen zu können als mit dem beschlossenen Ausbau.
Auf die Frage, wie man den Neubau, der nicht nur die Natur zerstören, sondern sich auch verheerend auf die Lebensqualität und die Wirtschaft der gesamten Region auswirken würde, verhindern könne, kündigte Weil an, dass die Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion auf die Verwirklichung von Alpha E drängen werde. Auch solle, wie des Landtagsabgeordnete Maximilian Schmidt sagte, noch vor den Wahlen ein parteiübergreifendes Bekenntnis zu Alpha E per Landtagsbeschluss auf den Weg gebracht werden. Trotz all dessen komme es, so Weil, auf die Menschen in der Region an, denn der Widerstand vor Ort müsse sichtbar gemacht werden.
Dass Letzteres bereits begonnen hat, zeigte zum einen die Präsenz der Bürgerinitiativen Aktionsbündnis gegen Trassenneubau und Unsynn, die den Termin wahrnahmen und Weil ein Protestkreuz überreichten, zum anderen wurde dies durch viele anwesende Bürgermeister deutlich, die parteiübergreifend Einigkeit gegen die Neubaupläne demonstrierten. „Wir lassen uns nicht spalten, auch wenn dies durch die Bahn immer wieder mal versucht wird“, sagte etwa Winsens Bürgermeister Dirk Oelmann. Bergens Oberbürgermeisterin Claudia Dettmer-Müller unterstrich die verheerenden Folgen, die speziell für die Zukunft Bergens drohten, und merkte zudem an, das die Trasse laut Plänen der Deutschen Bahn über das Mahnmal „Objekt Rampe Bergen-Belsen“ verläuft, was eine Unmöglichkeit ganz eigener Qualität darstellt.
Das hiesige Aktionsbündnis plant nach eigenen Angaben weitere Aktionen und wirbt um Mitglieder und Spenden. "Interessierte Bürger:innen – nicht nur aus Bergen – erhalten Informationen auf der neuen Internetpräsenz www.trassenabsage.de", so das Bündnis.
Fotos/Infos: Sebastian Salie