CELLE. Ernst-Günther Mörsels Prognose für den Pflegebereich fällt düster aus: „Die Schere zwischen der älter werdenden Gesellschaft und der Anzahl an Mitarbeitern geht stetig weiter auseinander.“ Es werde einen dramatischen Mangel an Personal geben. Mörsel war 10 Jahre Betriebsratsmitglied im Allgemeinen Krankenhaus (AKH) und ist für die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auf allen Ebenen bis hin zum Bund aktiv. Er nutzt ein Pressegespräch im Vorfeld des Maifeiertages, um darauf hinzuweisen, dass es zu wenige Betriebsräte in den 50 Altenpflegeheimen in Stadt und Landkreis gebe. „Durch diese Vertretungen sichern wir den gewerkschaftlichen Zugang in die Betriebe hinein.“ Den großen Konzernen, die Pflegeeinrichtungen unterhalten, wirft er betriebsratsfeindliches Agieren vor, die überschaubaren Einheiten kleinerer Heime hätten auch kleine Betriebsräte zur Folge, wenn überhaupt welche gegründet würden.
Die geplante Kundgebung unter dem Dach des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) am 1. Mai ab 11 Uhr in den Triftanlagen wird die hiesige ver.di-Vertretung nutzen für eine Aktion mit dem Titel „Pflege ist Gold wert“ und kommt damit einem Wunsch des DGB nach. „Wir möchten unsere einzelnen Mitgliedsgewerkschaften motivieren, ihre Themen in die Öffentlichkeit zu tragen“, kündigt der Vorsitzende des DGB-Kreisverbandes Celle Dirk Garvels an. Er wird eine „Mairede“ zum Auftakt halten, anschließend gehört das Feld den Mitwirkenden in sozialen Bewegungen und gewerkschaftlichen Verbänden mit ihren speziellen Aufgaben und Anliegen. Das Motto für alle lautet „GeMainsam Zukunft gestalten 2022.“
„Es gibt zahlreiche Problemlagen und Notwendigkeiten, auf die wir aufmerksam machen müssen“, sagt Garvels. Zentral werde auf niedersächsischer Ebene in diesem Jahr das Programm zu den Landtagswahlen im Oktober sein. Tariftreue nennt er als Schlagwort. „Das Tariftreue- und Vergabegesetz benötigt eine Novellierung.“ Tarifflucht und Subsub-Unternehmen wolle man vermeiden. Dort, wo öffentliche Gelder für öffentlichen Ausschreibungen Verwendung fänden, müssten sie an tarifgebundene Betriebe fließen.
Ein weiteres großes Thema für das laufende Jahr bringt der lokale Vertreter der IG Metall Ralf Müller ins Spiel: „Gerade jetzt, wo die Betriebsratswahlen anstehen, brauchen wir eine Erneuerung bei der Mitbestimmung.“ Als große Zukunftsthemen nennt er Klima, Umweltschutz und Digitales. Die Wirtschaft müsse unter diesen Vorzeichen transformiert werden. Eine Strategie sehe der DGB und auch die IG Metall im Großen noch nicht. Und auch vor Ort in den Betrieben sei viel zu tun und zu reformieren, so sei die Mitbestimmung beispielsweise bei den Themen Klima, Umwelt, Digitales sowie Fort- und Weiterbildung noch nicht angekommen. „Bei vielen Prozessen sind die Betriebsräte außen vor“, berichtet Müller. „Wir brauchen initiale Mitbestimmungsrechte“, fordert der 30-Jährige und weist darauf hin, dass ein wichtiges Ziel für Betriebspolitik ein neues Betriebsverfassungsgesetz sei. „Einen Entwurf haben wir bereits erstellt.“
Wie sich die IG Metall und anderen Akteure im Einzelnen auf der Mai-Veranstaltung präsentieren werden, ist zu erleben am 1. Mai, ab 11 Uhr, auf der Triftwiese.