OLDENBURG. Nach der Geburt sind Stute und Fohlen unzertrennlich. Ob das aber auch für die Eigentumsverhältnisse an den Tieren gilt, hatte nun das Oberlandesgericht Oldenburg zu entscheiden.
Was war passiert?
Der Kläger aus dem Münsterland verlangte von der Beklagten aus Ostfriesland die Herausgabe eines Hengstfohlens. Ausgangspunkt der Auseinandersetzung war die künstliche Besamung einer Stute (hier „X" genannt), die im Eigentum des Klägers stand. Aber nicht die Stute X, sondern eine Leihstute sollte das Fohlen austragen. Dafür wurde dem Kläger die Leihstute „Y" zur Verfügung gestellt, die im Eigentum einer GbR stand. Die befruchtete Eizelle wurde schließlich im Wege eines sog. Embryotransfers aus der genetischen Mutterstute X herausgespült und in die Leihstute Y eingesetzt.
Bei der späteren Trächtigkeitsuntersuchung kam der Tierarzt zu der Diagnose, dass die Leihstute Y nicht tragend und der Embryotransfer gescheitert sei. Daher gab der Kläger die Leihstute Y unverrichteter Dinge an die GbR zurück. Die Beklagte kaufte die Stute Y von der GbR. Später stellte sie zu ihrer Überraschung fest, dass diese doch tragend war.
Die Natur nahm ihren Lauf und die Leihstute gebar ein Fohlen. Als der Kläger davon erfuhr, forderte er die Beklagte zur Herausgabe des Fohlens auf. Er war der Meinung, er sei Eigentümer des Fohlens. Schließlich stamme das Fohlen genetisch von einer Stute ab, die ihm gehörte. Die Beklagte war der Ansicht, dass das Fohlen ihr gehöre, da sie auch Eigentümerin der gebärenden Stute Y sei.
Wie hat das Landgericht entscheiden?
Das Landgericht Aurich wies die Klage ab. Die Beklagte sei Eigentümerin des Fohlens geworden und müsse es daher nicht an den Kläger herausgegeben. Da die Beklagte Eigentümerin der gebärenden Leihstute sei, gehöre ihr auch das Fohlen. Das Fohlen sei aus rechtlicher Sicht ein „Erzeugnis" der Leihstute, weshalb sich das Eigentum an der Stute mit der Geburt an dessen Hengstfohlen fortsetze. Vor dem Oberlandesgericht verfolgte der Kläger sein Herausgabebegehren weiter.
Hatte die Berufung Erfolg?
Nein. Der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts wies die Berufung des Klägers als unbegründet zurück. Der Senat stellte fest, dass der Embryo durch Einpflanzung in eine Leihstute in rechtlicher Hinsicht untrennbar mit der Stute verbunden werde, sodass mit dem Verkauf der Stute auch das Eigentum an dem Embryo und dem später geborenen Hengstfohlen auf den neuen Eigentümer der Stute übergeht. Zwar sei der Kläger zunächst Eigentümer des Embryos gewesen, das nach den Vorschriften des Tierzuchtgesetzes zum Embryonentransfer sonderrechtsfähig sei.
Ab dem Zeitpunkt, in dem der Embryo in die Leihstute eingesetzt und sich dort in die Gebärmutter eingenistet hat (Nidation), habe er das Eigentum an dem Embryo jedoch verloren. Durch die Einnistung sei der Embryo ein sog. „wesentlicher Bestandteil" der Leihstute geworden, weshalb der Eigentümer der Leihstute auch das Eigentum an dem Embryo erworben habe. Auf die genetische Abstammung des Fohlens komme es dabei nicht an.
Text: Oberlandesgericht Oldenburg