Wenn der Putz von der Decke rieselt: Hinrich-Wolff-Schule demonstriert für Neubau
- Audrey-Lynn Struck
- vor 5 Stunden
- 2 Min. Lesezeit

BERGEN. Feuchte Klassenräume, regelmäßige Stromausfälle und ein undichtes Dach: Die Liste der Mängel der Hinrich-Wolff-Schule (HWS) ist lang. "Im Winter fällt die Heizung häufig aus, im Sommer ist es erdrückend heiß, weil die Verschattung fehlt", zählt Schulleiterin Katja Tank auf. Seit Jahren ist ein Neubau der Grundschule im Gespräch. In der vergangenen Woche empfahl der Finanzausschuss der Stadt Bergen das Millionenprojekt zu stoppen – noch bevor es überhaupt begonnen hat. Lehrkräfte, Schüler und Eltern sind frustriert. Sie gingen am Dienstag auf die Straße.
300 Schüler demonstrieren für Neubau
Mit rund 300 Schülern zog der Demonstrationszug zum Rathaus in Bergen. Die Schilder hatten die Kinder im Unterricht gebastelt, erzählte Lehrer Damir Sirbegovic. Die Entscheidung zur Demo fiel kurzfristig. Am Freitag entstand in den Klassen der Wunsch zu demonstrieren, am Sonntag meldete der Förderverein die Versammlung an.
"Wir werden es nicht mehr erleben, aber wir wollen, dass die anderen eine bessere Schule haben."
"Wir werden es nicht mehr erleben, aber wir wollen, dass die anderen eine bessere Schule haben", sagte Björn aus der 3a. Zusammen mit den Schülern Elias, Karlotta und Brinje übergab er dem Ratsvorsitzenden Michael Buhr (CDU) ein vierseitiges Schreiben – mit einer detaillierten Auflistung der baulichen und technischen Mängel an der Schule.
Björn erzählt Stadtrat Michael Buhr von den Mängeln an der Schule.
Kleine Räume und zu wenig Steckdosen
"Unsere Lichter sind kaputt und wir haben nicht genug Klassenräume", erzählte Elias aus der 4b dem Stadtrat. Von zu kleinen Räumen, Fenstern, die sich nicht öffnen lassen und einem fehlenden Krankenzimmer ist im Schreiben zu lesen. Unterrichtsräume müssten doppelt genutzt werden, einige Geräte müssten zu Hause aufgeladen werden, weil es in den Räumen zu wenig Steckdosen gebe. Auch das Lehrerzimmer sei mittlerweile zu klein für das gesamte Kollegium. "Wir haben ein Tanzverbot in den oberen Räumen. Wenn jemand hüpft, rieselt sonst der Putz von der Decke", sagte Katja Tank.
"Wir haben ein Tanzverbot in den oberen Räumen. Wenn jemand hüpft, rieselt sonst der Putz von der Decke."
Der Ratsvorsitzende Michael Buhr hörte sich die Schilderungen geduldig an und zeigte Verständnis für die Situation der Schüler. Aber: Die Stadt könne für den Neubau keine überstürzten Schulden aufnehmen. "Manche Dinge müssen vorher diskutiert werden. Das nennt sich Demokratie", erklärte er den Schülern.
Risiko für Bergen: Neubau kostet knapp 24 Millionen
Die aktuellen Schätzungen beziffern die Kosten auf rund 23,65 Millionen Euro. Nur zwei Millionen Euro ließen sich davon von Fördermitteln abdecken. "Das ist eine Summe, die wir in den vergangenen 70 Jahren insgesamt an Schulden aufgenommen haben", rechnete er vor. Aktuell habe die Stadt Bergen knapp 30 Millionen Euro Schulden.
Sanierung wäre teuer und langwierig
Doch auch eine Sanierung ist keine einfache Lösung: Die bisherigen Untersuchungen legen nahe, dass eine Teilsanierung nicht wesentlich günstiger wäre. Für Schulleiterin Katja Tank ist besonders frustrierend, dass es keine echten Alternativen gibt. "Niemand kann auf einer Baustelle unterrichten, ich würde Kollegen verlieren", betonte sie. Seit Februar 2017 ist sie Schulleiterin und setzt sich ebenso lange für einen Neubau der Grundschule ein. Am Dienstag demonstrierte die Schule zum ersten Mal öffentlich. Irgendwann sei dann auch mal genug, sagt Katja Tank. Im Stadtrat und in Ausschüssen ist sie häufig gesehener Gast. "Dabei habe ich ja eigentlich schon einen anderen Job: Schulleiterin."