Ich hatte zuletzt einen, sagen wir faszinierenden Trauerfall. Einen, den ich auch nicht alltäglich habe. Da ist eine Frau gestorben, die fast 103 Jahre alt war. Die ist geboren, als die Weimarer Republik gegründet wurde. 20 Jahre bevor der zweite Weltkrieg begann.
Die Menschen werden wirklich immer älter. Und das ist für die nicht immer ein Grund zum Jubeln. In Psalm 90 wird das deutlich wo ein Psalmbeter spricht: „Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon.“
Gut, die 102jährige würde darüber nur müde lächeln. Aber zur Zeit von Psalm 90 waren 80 Jahre das, was heute 100 Jahre sind.
Aber so oder so – das Leben scheint vergebliche Mühe, weil es schneller vorbei ist, als wir denken. Selbst, wenn man fast 103 Jahre alt wird, ist das Leben wie ein Wimpernschlag.
Deshalb gibt es noch einen zweiten Teil des Psalms, der in diesen Überlegungen wichtig geworden ist: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf das wir klug werden.“
Klar, gerade jetzt sollten wir das Leben im Blick haben. Die Sonne scheint, alles ist klar und gut. Das Leben ist gut, wenn es so lange von der Helligkeit des Tages beschienen wird wie im Sommer.
Aber es ist eben nicht unendlich. Und daran hat mich die fast 103jährige erinnert. Auch wenn jedes Jahr ein neues dazukommt – irgendwann hört das einmal auf. Irgendwann landen wir alle hier.
Ich habe so einen ganz neuen Fokus auf mein Leben bekommen. Und kann die Momente mehr genießen. Kann Vertrauen haben, dass ich auch, wenn es mal nicht so gut läuft, Gott an meiner Seite habe, der mein Leben will. Und der will, dass es ein gutes Leben ist. Und der alle meine Momente segnet.
Und dann habe ich persönlich noch den Glauben, dass, wenn das Leben hier endet, für mich ein Neues bei Gott anfängt. Dass auch da dann Gott an meiner Seite ist. Dass er alle Tränen wegnimmt. Und allen Schmerz. Und alles neu macht.
Mit diesem Vertrauen kann ich meinem Leben hier, jedem einzelnen Moment, den es dauert, noch mehr abnehmen. Und kann es als gesegnet fühlen.
Ich wünsche Euch ganz viel Sonne und Regen und Schnee und Wind und blauen Himmel in Eurem Leben – das eben, was für Euch gut ist. Dass Ihr auch so lernt, jeden Tag die Momente zu genießen. Und dass Euch daraus auch Kraft wächst und Mut, jeden neuen Tag wieder aufzustehen und zu leben.
Werdet klug – was auch immer das in je Euren Leben bedeutet!
Bleibt behütet!
Pastor Titus Eichler